Die folgende nutzerfreundliche Studienzusammenfassung von Kim Weilbächer ist unter dem Titel „Der Effekt von Spiegeltherapie auf die Behandlung von Phantomschmerzen“ in der Zeitschrift ergoscience (ergoscience 2017; 12(4): 166–7) veröffentlicht und wurde dem DVE freundlicherweise vom Schulz-Kirchner Verlag für die EBP-Datenbank zur Verfügung gestellt. Zum Einstellen in die Datenbank musste der DVE redaktionelle Änderungen vornehmen. Die Original-Studienzusammenfassung, wie sie in der ergoscience erschienen ist, können Sie über https://www.skvshop.de/de/ beziehen.
WAS IST DAS PROBLEM UND WAS IST BISHER DARÜBER BEKANNT?
Phantomschmerzen sind Schmerzen, die in einem amputierten Körperteil wahrgenommen werden. Stumpfschmerzen oder nicht-schmerzhafte Wahrnehmungen im amputierten Körperteil zählen demnach nicht zu den Phantomschmerzen (http://www.dgss.org/patienteninformationen/schmerzerkrankungen/phantomschmerz/).
Die Entstehung von Phantomschmerzen ist noch nicht genau erforscht, jedoch gibt es Hinweise, dass die Amputation eine Umorganisation im sensomotorischen Kortex verursacht und diese als Ursache für Empfindungen in der amputierten Gliedmaße einschließlich der Phantomschmerzen angesehen werden kann (Anghelescu et. al., 2016).
Phantomschmerzen sind einer der Hauptgründe für Schmerzen und somit der Beeinträchtigung Amputierter. 60 % bis 90 % aller Personen mit Amputationen empfinden Phantomschmerzen, bei den meisten treten sie bereits wenige Stunden nach der Amputation auf (Yildrim & Kanan, 2016). Die Betroffenen spüren unter anderem ein Brennen, Stechen, Pochen, elektrische Stöße, Krämpfe oder unnatürliche Stellungen. Diese Symptome unterscheiden sich bei jeder Patientin in Intensität und Auftreten, manche Patienten haben diese Schmerzen immer, andere periodisch, wobei die Dauer der periodischen Phasen ebenfalls unterschiedlich ist (Glaudo, Frettlöh, Schwarzer & Maier, 2011).
Nach einer Amputation müssen die Klienten viele Betätigungen der Selbstversorgung, der Freizeit und der Produktivität neu erlernen oder anpassen. Durch zusätzlich auftretende Phantomschmerzen wird dieser Prozess erschwert und dauert sehr viel länger. Darüber hinaus wird die Lebensqualität durch wiederkehrende oder anhaltende Schmerzen stark beeinträchtigt, selbst wenn die Betätigungen und Aktivitäten wieder durchgeführt werden können. Manche Patienten sind durch die Schmerzen so eingeschränkt, dass sie einen Suizid als Ausweg betrachten (Stangl, 2017).
Die Therapie der Phantomschmerzen findet in einem interprofessionellen Team statt. Neben Medikamenten wie Analgetika, Antikonvulsiva, Antidepressiva, Muskelrexalantien und Schmerzmitteln können zusätzlich elektrische Nervenstimulation, Hypnose und Akkupunktur eigesetzt werden. Die Spiegeltherapie wird zurzeit auch schon angewendet, jedoch müssen Effizienz und Nutzen im klinischen Kontext noch genauer erforscht werden (Yildrim & Kanan, 2016).
Ramachandran (1994) befasste sich als Erster mit der Spiegeltherapie in einer Studie. Seine Resultate inspirierten andere Forscher, sich mit dieser Methode auseinanderzusetzen.
Bei der Spiegeltherapie wird ein Spiegel parallel zur Körpermitte zwischen Phantomgliedmaße und vorhandener Gliedmaße positioniert. Es werden Übungen mit der vorhandenen Gliedmaße durchgeführt, während die Klientin auf das Spiegelbild schaut und sich gleichzeitig vorstellt, diese Bewegungen mit der amputierten Gliedmaße auszuführen. Auf diese Weise werden die Gehirnstrukturen im sensomotorischen Kortex reorganisiert und Phantomschmerzen reduziert (Glaudo et al., 2011). Die Spiegeltherapie kann nach einer professionellen Anleitung eigenständig und unabhängig durch die Patientin durchgeführt werden (Yildrim & Kanan, 2016).
WAS WURDE IN DER STUDIE UNTERSUCHT?
Yildrim und Kanan untersuchten in ihrer quasi-experimentellen Studie den Effekt von Spiegeltherapie auf Phantomschmerzen bei Erwachsenen. Ebenfalls wurden Bedeutsamkeit und Anwendbarkeit der Spiegeltherapie im klinischen Kontext diskutiert.
Erklärungen der EBP-Fachbegriffe finden Sie im Glossar.