Die Prävalenz psychosomatischer Erkrankungen ist in den letzten Jahren erheblich angestiegen, damit wächst auch die Bedeutung der medizinischen Rehabilitation. Die Effektivität der medizinischen psychosomatischen Rehabilitation gilt als belegt, der Transfer der Reha-Erfolge in den Alltag gelingt hingegen nur einem kleineren Teil der Rehabilitanden. Zahlreiche Nachsorgeangebote sollen die Effekte der Rehabilitation stabilisieren. Bislang gelingt dies mit wechselndem Erfolg. Vor diesem Hintergrund wurde eine neue Nachsorgestrategie (neues Credo), die ursprünglich in der Indikation Orthopädie entwickelt und mit guten Erfolgen evaluiert wurde, in der Psychosomatik erprobt. Das Ziel der vorliegenden Studie war die Überprüfung der Umsetzbarkeit des Konzepts in einer psychosomatischen Klinik. Zusätzlich sollten erste Aussagen zur Ergebnisevaluation mithilfe einer „historischen“ Kontrollgruppe gewonnen werden.
In einer längsschnittlichen Feasibility-Studie mit 3 Messzeitpunkten (Reha-Beginn, Reha-Ende, 4-Monats-Follow-up) wurde die Umsetzbarkeit und die Akzeptanz des neue Credo überprüft. Eine psychosomatische Rehabilitationsklinik aus Schleswig-Holstein beteiligte sich an der Studie, eingeschlossen wurden Rehabilitanden mit depressiven Störungen (Erstdiagnosen F32.x, F33.x und F40 nach ICD-10). Die Klinik übernahm die Credo-Philosophie in den Klinikalltag und setzte die unterstützenden Materialien während der Projektlaufzeit ein. Sie war für die Laufzeit des Projekts mit einem Nachsorgebeauftragten ausgestattet. Als primäre Zielgröße wurde die psychische Symptombelastung (BSI) definiert. Sekundäre Zielgrößen waren die subjektive Gesundheit, Einschränkungen der Teilhabe sowie gesundheitsbezogene Lebensqualität. Für 91 Rehabilitanden lagen komplette Datensätze vor. Sie wurden mit den nach Alter, Geschlecht und Schulbildung gematchten Daten der Qualitätsgemeinschaft medizinische Rehabilitation in Schleswig-Holstein verglichen.
Das neue Credo wurde von allen Beteiligten in der psychosomatischen Rehabilitation gut angenommen. Die Rehabilitanden nutzten den Reha-Aufenthalt, um eine für sie passende Aktivität nach der Rehabilitation auszuwählen, das Führen der Tagebücher wurde mehrheitlich positiv bewertet. Hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Verbesserungen in den primären und sekundären Outcomegrößen zeigen sich mittlere bis große Effekte. Beim Vergleich mit der „historischen“ Vergleichsgruppe lassen sich auf der Ebene der Intragruppeneffekte Vorteile zugunsten der Credo-Gruppe erkennen.
Das neue Credo erwies sich auch bei Rehabilitanden mit depressiven Störungen als umsetzbar. Die meisten Rehabilitanden bewerteten die neue Reha-Philosophie und die begleitete Nachsorge positiv. Erste Hinweise auf eine verbesserte Nachhaltigkeit der Reha-Erfolge unter Einsatz des neuen Credos sind vielversprechend. Ihre Überprüfung in einem multizentrischen kontrollierten Design bleibt abzuwarten.
Erklärungen der EBP-Fachbegriffe finden Sie im Glossar.
Keyword 1: depressive Episode/Depression
Keyword 2: Depression
Keyword 3: Nachsorge
Weitere: Aktivitäten und Teilhabe (ICF), Arbeitstherapie, Erwachsene, Gesundheit, gesundheitsbezogene Lebensqualität, interdisziplinär, Kontextfaktoren, Körperfunktionen und -strukturen (ICF), Lebensqualität, Machbarkeitsstudie, mentale Gesundheit, multidisziplinär, Nachsorge, Partizipation / Teilhabe (ICF), personbezogene Faktoren (ICF), Psychiatrie/Psychosomatik/Sucht, psychisch auffällig, psychische Erkrankung, psychische Gesundheit, psychische Verfassung, psychosomatische Rehabilitation, Rehabilitationsnachsorge, Selbstdokumentation, Symptombelastung, Vorher-/Nachher-Design