Neu
2024  |  SR/MA  |  EBP-ID: 22674

Welche Vorteile und welche Risiken hat Exergaming für Menschen mit Demenz oder leichten kognitiven Beeinträchtigungen?

Voinescu A, Papaioannou T, Petrini K et al. Exergaming for dementia and mild cognitive impairment. Cochrane Database of Systematic Reviews 2024; 9: Art. No.: CD013853. doi.org/10.1002/14651858.CD013853.pub2.

Laienverständliche Zusammenfassung (Plain Language Summary, PLS)

Kernaussagen

  • Exergaming, also die Verbindung von Videospielen mit körperlicher Aktivität, kann möglicherweise Menschen mit Demenz oder leichter kognitiver Beeinträchtigung dabei helfen, ihre Denkfähigkeiten zu verbessern, z. B. Namen von Gegenständen zu Lernen und sich an sie zu erinnern. Allerdings haben wir nur sehr niedriges Vertrauen in die Evidenz.
  • Derzeit gibt es kaum Evidenz dazu, dass Exergaming Menschen mit Demenz oder leichter kognitiver Beeinträchtigung dabei hilft, besser zu gehen, ihr Gleichgewicht zu halten oder alltägliche Aufgaben wie Rechnungen bezahlen oder Einkaufen zu bewältigen.

Was sind Demenz und leichte kognitive Beeinträchtigungen?

Demenz ist eine Erkrankung, bei der Veränderungen des Gehirns zu Beeinträchtigungen von Gedächtnis, Denkprozessen und der Erledigung alltäglicher Aufgaben führen. Betroffenen kann es schwerfallen, sich Dinge zu merken, zu planen, sich zu konzentrieren oder zu kommunizieren. In der Regel verschlechtern sich diese Veränderungen im Laufe der Zeit und können schließlich das alltägliche Leben beeinträchtigen.

Bei einer leichten kognitiven Beeinträchtigung sind Gedächtnis und Denken leicht beeinträchtigt, die Symptome sind aber nicht so ausgeprägt wie bei einer Demenzerkrankung. Allerdings könnte dies im Verlauf zu einer Demenzerkrankung führen. Auch wenn Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen Schwierigkeiten dabei haben, sich an Dinge zu erinnern oder klar zu denken, können sie dennoch alltägliche Aufgaben wie das Bezahlen von Rechnungen, das Einkaufen und das Sauberhalten ihres Zuhauses erledigen. Im Wesentlichen handelt es sich um Schwierigkeiten von Gedächtnis und Denkvermögen, die nicht so schwerwiegend sind wie eine Demenz, sich aber im Laufe der Zeit verschlimmern können.

Was ist Exergaming?

Es gibt derzeit nicht viele Behandlungsmöglichkeiten, die den Fortschritt von Krankheiten wie Demenz verlangsamen können. Wir wissen jedoch, dass ein lebenslanger körperlich und geistig aktiver Lebensstil das Risiko, an Demenz zu erkranken, senken kann. Einige Experten sind der Ansicht, dass die Ermutigung auf beide dieser Weise aktiv zu bleiben, dazu beitragen könnte, das Auftreten von Demenzsymptomen und die Auswirkungen der leichten kognitiven Beeinträchtigung zu verringern. Dank neuer Technologien können wir die virtuelle Realität und interaktive Spiele, so genannte Exergames, für das körperliche und geistige Training einsetzen. Exergames haben den Vorteil, dass sie für ältere Erwachsene zu Hause durchführbar und relativ einfach zu bedienen sind und die Motivation steigern können.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten wissen, ob das Spielen von Exergames bei Menschen mit Demenz und leichter kognitiver Beeinträchtigung im Vergleich zu keiner aktiven oder zur konventionellen Behandlung, die körperlichen Fähigkeiten, das Denkvermögen und die Fähigkeit, alltägliche Aufgaben zu erledigen, verbessert.

Wir wollten auch überprüfen, ob das Spielen von Exergames unerwünschte Wirkungen hat.

Wie gingen wir vor?

Wir durchsuchten medizinische Datenbanken nach Studien, in denen Personen, die eine Exergaming-Intervention erhalten hatten, mit Personen verglichen wurden, die an anderen Behandlungen teilgenommen hatten. In einigen Studien wurden Personen, die Exergaming nutzten, mit Personen verglichen, die keine spezielle Behandlung erhielten (z. B. nur Entspannung). Andere Studien verglichen Exergaming mit Behandlungen, die laut Studien eine positive Wirkung haben, wie Aerobic oder Gehirntraining. Wir fassten die Ergebnisse der Studien zusammen, wo dies möglich war. Wir beurteilten die Qualität der Studien anhand von Faktoren wie verwendeter Methodik und der Anzahl der untersuchten Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder Demenz.

Was fanden wir?

Wir fanden 11 Studien. Diese wurden zwischen 2014 und 2023 veröffentlicht. Insgesamt nahmen an acht Studien 308 Personen mit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung teil, an vier Studien 228 Teilnehmende mit einer Demenzerkrankung. An einer dieser Studien nahmen sowohl Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen als auch Menschen mit Demenz teil.

Wir fanden heraus, dass das Spielen von Exergames die Denkfähigkeiten von Menschen mit Demenz und leichter kognitiver Beeinträchtigung möglicherweise verbessert, wenn man es mit Menschen vergleicht, die die übliche Behandlung oder eine nicht sehr aktive Intervention erhalten. Dieser Effekt tritt möglicherweise nicht auf, wenn die Vergleichsgruppe aktive Behandlungen mit nachgewiesenen positiven Auswirkungen erhalten.

Das Spielen von Exergames verbessert bei Menschen mit Demenz und leichten kognitiven Beeinträchtigungen möglicherweise nicht die körperlichen Fähigkeiten, wie z. B. das Gehen oder Balancieren, oder die Fähigkeit, normale Alltagsaktivitäten, wie z. B. Einkaufen, durchzuführen.

Die Teilnahme an Exergames für Menschen mit Demenz und leichten kognitiven Beeinträchtigungen ist möglicherweise sicher, wenn sie in einer kontrollierten und überwachten Umgebung mit Hilfe von medizinischem Fachpersonal durchgeführt wird. Wir haben keine Evidenz über die Sicherheit von Exergaming für Menschen mit Demenz oder leichten kognitiven Beeinträchtigungen in einer häuslichen Umgebung ohne Aufsicht.

Was schränkt die Evidenz ein?

Wir stellten fest, dass es bei der Durchführung der Studien einige Probleme gab. Das bedeutet, dass wir die oben genannten Ergebnisse mit Vorsicht interpretieren müssen. Ein Grund dafür ist die geringe Anzahl an untersuchten Teilnehmenden.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von 22. Dezember 2023.

Anmerkungen zur Übersetzung

Halter, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Cochrane Zentrums. Zum Einstellen in die EBP-Datenbank musste der DVE kleinere redaktionelle Änderungen vornehmen.

Kommentar des DVE

Eine Studie wurde in einer Ergotherapie-Abteilung durchgeführt (Torpil et al. 2020); bei den anderen geht die Berufsgruppe aus dem Volltext nicht hervor. Eigenen Recherchen zufolge stammt die Studie von Park und Park (2018) ebenfalls aus der Ergotherapie,

Dieser Cochrane Review gibt den Stand der Evidenz zum Zeitpunkt der Recherche wieder. Der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse kann sich in der Zwischenzeit verändert haben. Evtl. ist auch schon eine aktualisierte Fassung des Reviews mit anderen Schlussfolgerungen erschienen, zu der jedoch noch keine DVE-Zusammenfassung oder deutschsprachige PLS-Übersetzung vorliegt. Dies können Sie überprüfen, indem Sie dem Quellen-Link folgen (Zugriff am 19.03.2025).

Literatur

Park JH, Park JH. Does cognition-specific computer training have better clinical outcomes than non-specific computer training? A single-blind, randomized controlled trial. Clinical Rehabilitation 2018; 32(2): 213–22. doi: 10.1177/0269215517719951.

Torpil B, Şahin S, Pekçetin S, Uyanık M. The effectiveness of a virtual reality-based intervention on cognitive functions in older adults with mild cognitive impairment: a single-blind, randomized controlled trial. Games for Health Journal 2021; 10(2): 109–14. doi: 10.1089/g4 h.2020.0086.

DVE-Mitgliedern steht nach dem Login eine genauere Zusammenfassung des gesamten Cochrane-Reviews zur Verfügung.

Hinweis zu den Fachbegriffen

Erklärungen der EBP-Fachbegriffe finden Sie im Glossar.

Keywords

Keyword 1: Demenz

Keyword 2: Mild Cognitive Impairment (MCI)

Keyword 3: Exergaming

Weitere: Aktivitäten der oberen Extremität, Aktivitäten der unteren Extremität, Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL/ATL), Aktivitäten (ICF), Aktivitäten und Teilhabe (ICF), andere Intervention, Aufmerksamkeit, Balance/Gleichgewicht, Cochrane Systematic Review, Demenz, ergotherapeutische Interventionen, Ergotherapie, exekutive Funktionsfähigkeit, Exekutivfunktionen, Exergaming, Funktionen der oberen Extremität, Funktionen der unteren Extremität, Gehen / Gang, instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL), Kognition, kognitive Fertigkeiten, kognitive Funktionen, kognitive Funktionsfähigkeit, Körperfunktionen und -strukturen (ICF), körperliche Aktivität, körperliche Aktivität und körperliches Training, körperliche Funktionsfähigkeit, Lernen, Merken, Merkfähigkeit, Metaanalyse, Mild Cognitive Impairment (MCI), Mobilität (ICF), persönliche Aktivitäten des täglichen Lebens (PADL), posturale Kontrolle, Standardversorgung, systematischer Review, unerwünschte Wirkungen, Videospiel, Wahrnehmung, Zusammenfassung in einfacher Sprache / Plain Language Summary (PLS)

Filter

Diagnose(n)/Symptomatik

Neurologische Erkrankungen
  • Demenz, MCI (Mild Cognitive Impairment), Amnesie

Altersgruppe(n)

  • Erwachsene
  • ältere/alte/(hoch-)betagte Menschen

Zielgruppe(n)

  • Patient:innen/Klient:innen

Interventionen

Spezifische Aktivitäten (Training von Betätigungsfertigkeiten, Restitution)
  • Training im Bereich Spiel, Freizeit, Erholung (z.B. Entspannung, Feldenkrais)
  • (Senso-)Motorisches Training und Therapie, Motorische Rehabilitation
  • Training prozessbezogener Fertigkeiten (z.B. Kognitives Training, HoDT)
  • Sonstige (z.B. Aktivitätsgruppen, Virtuelle Realität, digitale Angebote)
Sonstige Interventionen
  • Prävention/Gesundheitsförderung, Risiko-Assessment und -kontrolle

Berufsgruppe(n)

  • Ergotherapie beteiligt