2012  |  SR/MA  |  EBP-ID: 21940

Effektivität der ambulanten und stationären geriatrischen Rehabilitation bei Patienten mit der Nebendiagnose Demenz

Korczak D, Steinhauser G, Kuczera C. Effektivität der ambulanten und stationären geriatrischen Rehabilitation bei Patienten mit der Nebendiagnose Demenz. Schriftenreihe Health Technology Assessment (HTA) 2012; 122: 1-80.

Abstract

Hintergrund

Gemäß § 40 Sozialgesetzbuch (SGB) V ist die geriatrische Rehabilitation eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Trotzdem werden Demenzkranke in der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung häufig als körperlich und kognitiv so stark eingeschränkt gesehen, dass sie keine spezifischen (Anschluss)Rehabilitationsprogramme erhalten.

Fragestellungen

Der Health Technology Assessment (HTA)-Bericht beantwortet die Frage, welche Nutzen unimodale, multimodale und multiprofessionelle Rehabilitationsprogramme für geriatrische Patienten mit der Nebendiagnose Demenz haben und wie kosteneffektiv diese Programme sind. Methodik: Die relevante Studienliteratur ist anhand von Schlagworten in 31 Datenbanken (u. a. EMBASE, MEDLINE, Cochrane) für den Zeitraum 2006 bis 2011 gesucht worden. Die wichtigen Einschlusskriterien sind geriatrische Rehabilitation, die Hauptdiagnosen Schlaganfall und hüftgelenknahe Frakturen sowie die Nebendiagnose Demenz.

Ergebnisse

16 Studien erfüllen die Einschlusskriterien und werden für den HTA-Bericht berücksichtigt. Die Studien sind sehr heterogen (Fallzahl, Stichprobe, Intervention, Messverfahren, Evidenzlevel). In vier Studien werden multimodale multiprofessionelle Rehabilitationsverfahren untersucht. In zwölf der 16 Studien wird die Wirksamkeit von Rehabilitationsmaßnahmen bei geriatrischen Patienten mit der Nebendiagnose Demenz festgestellt. Positiven Einfluss auf die Behandlungsergebnisse haben geringe kognitive und kommunikative Defizite des Patienten, die Einbindung von pflegenden Angehörigen, ein guter funktioneller Zustand bei Behandlungsbeginn, die heimische Wohnsituation und die Entlassung nach Hause. Das Vorhandensein einer Depression beeinträchtigt den Behandlungserfolg. Das Training kognitiver Fertigkeiten im Rahmen der Rehabilitationsbehandlung verbessert das Ergebnis. Diskussion: Ein Wert von < 25 im Mini-Mental-Status-Test (MMST, MMSE) wird in den Studien als Definitionskriterium für Demenz bzw. synonym für kognitive Einschränkung verwendet. Kognitiv leicht und moderat beeinträchtigte Patienten profitieren von Rehabilitationsmaßnahmen. Die Fortschritte zu kognitiv unbeeinträchtigten Patienten verlaufen langsamer, es werden geringere Steigerungsraten erreicht, das Anfangs- und das Endniveau sind niedriger. Einige Autoren betonen die Notwendigkeit der Anpassung an die speziellen Bedürfnisse von dementen bzw. kognitiv beeinträchtigten Patienten. Interessant sind in diesem Zusammenhang Programme, die auf eine Förderung der kognitiven Leistungsfähigkeit abzielen. Unsicherheiten im Umgang mit Demenzpatienten und Kommunikationsschwierigkeiten treten immer wieder auf. Vier Studien beziehen sich auf multimodale Programme, die Ergebnisse weisen in unterschiedliche Richtungen. Unimodale Rehabilitationsansätze sind Gegenstand von sieben Studien. Ein Vergleich gestaltet sich schwierig, da unterschiedliche Messinstrumente eingesetzt werden. Vier Studien berücksichtigen ökonomische Fragestellungen. Es können zwar qualitative Ansatzpunkte ermittelt werden, aber keine generalisierbaren Aussagen zur Kosteneffektivität von uni- bzw. multimodalen Rehabilitationsprogrammen getroffen werden. Ethische, soziale und rechtliche Rahmenbedingungen werden lediglich in einer Studie behandelt.

Schlussfolgerung

Der Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ sollte konsequent bei Patienten mit der Nebendiagnose Demenz flächendeckend umgesetzt werden, da Rehabilitationsmaßnahmen (Ergo-, Physiotherapie, Stärkung der kognitiven Fähigkeiten) bei dementen Patienten wirksam sind. Die Rehabilitation der Haupterkrankung sollte an die kognitiven Fähigkeiten der Patienten angepasst werden, um bessere Behandlungserfolge zu erzielen. Der Forschungsstand zu diesem Thema sollte verbessert werden.

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Hinweis zu den Fachbegriffen

Erklärungen der EBP-Fachbegriffe finden Sie im Glossar.

Keywords

Keyword 1: ältere/alte/(hoch-)betagte Menschen

Keyword 2: Demenz

Keyword 3: Rehabilitation

Weitere: ADL-Training, Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL/ATL), Angehörige, Angehörigenarbeit, Demenz, Demenz bei Alzheimer-Krankheit, Ergotherapie, Geriatrie, geriatrische Rehabilitation, geriatrisches Assessment, Health Technology Assessment (HTA), Hüftfraktur, interdisziplinär, kognitive Stimulation, Kosteneffektivität, multidisziplinär, multimodaler Ansatz, Multimorbidität, Rehabilitation, Schlaganfall, Sturzprävention, Sturz/Stürzen/Sturzneigung/Sturzgefahr, systematischer Review

Filter

Diagnose(n)/Symptomatik

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Altersgruppe(n)

  • Erwachsene
  • ältere/alte/(hoch-)betagte Menschen

Zielgruppe(n)

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Interventionen

Umweltanpassung, Kompensation, Adaptation
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  • Umweltanpassung (z.B. von Wohnraum, Schule, Arbeitsplatz, Universal Design)
Beratung, Edukation, Schulung
  • Beratung, Schulung, Coaching, (Psycho-)Edukation
  • Energie-/Fatigue-, Selbst-, Stress-, Zeitmanagement u.ä.
  • Verhaltenstherapeutische/-bezogene Interventionen
Spezifische Aktivitäten (Training von Betätigungsfertigkeiten, Restitution)
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  • Training instrumenteller ADL (z.B. Haushalts-, Schreibtraining, AOT)
  • (Senso-)Motorisches Training und Therapie, Motorische Rehabilitation
  • Training prozessbezogener Fertigkeiten (z.B. Kognitives Training, HoDT)
  • Training von sozialen, Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten
Sonstige Interventionen
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Berufsgruppe(n)

  • Ergotherapie beteiligt