2022  |  SR/MA  |  EBP-ID: 22576

Ergotherapie bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen infolge eines Schlaganfalls

Gibson E, Koh CL, Eames S et al. Occupational therapy for cognitive impairment in stroke patients. Cochrane Database of Systematic Reviews 2022; Issue 3. Art. No: CD006430. doi: 10.1002/14651858.CD006430.pub3.

Laienverständliche Zusammenfassung (Plain Language Summary, PLS)

Was war das Ziel dieses Reviews?

Das Ziel dieses Cochrane Reviews war es herauszufinden, ob sich mit Ergotherapie die Funktionen im Bereich der Alltagsaktivitäten und der Kognition nach einem Schlaganfall verbessern. Kognition umfasst die Prozesse der Informationsverarbeitung im Gehirn wie z. B. das Denken, zielgerichtete Aufmerksamkeit auf visuelle oder akustische Reize zu lenken, das Lernen, das Erinnern und das Problemlösen. Wissenschaftliche Mitarbeitende von Cochrane sammelten und analysierten alle relevanten Studien, um diese Fragestellung zu beantworten und fanden 24 Studien dazu.

Hauptergebnisse

Für Menschen, die nach einem Schlaganfall Beeinträchtigungen im Bereich der Kognition haben, kann die Ergotherapie möglicherweise einen kleinen bis keinen bedeutsamen Unterschied in Bezug auf die Fähigkeiten eines Menschen, Aktivitäten der Selbstversorgung, wie Duschen oder Ankleiden, auszuführen, bewirken. Diese Aussage bezieht sich auf den Zeitpunkt direkt nach der Ergotherapie und sechs Monate danach. Ergotherapie kann bei diesen Menschen möglicherweise die allgemeinen Fähigkeiten, Informationen zu verarbeiten und aufmerksam auf visuelle Reize zu reagieren, verbessern – bezogen auf den Zeitpunkt direkt nach der Behandlung. Mit Ergotherapie können sich möglicherweise einige Gedächtnisbereiche und die Fähigkeit, flexibel zu denken, leicht verbessern.

Die Qualität der Evidenz der erfassten Studien ist größtenteils als niedrig oder sehr niedrig zu bewerten. Es werden mehr gut durchdachte Studien benötigt, die ergotherapeutische Interventionen bei kognitiven Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall untersuchen.

Was wurde in diesem Review untersucht?

Nach einem Schlaganfall kommt es häufig zu Beeinträchtigungen der Kognition. Diese können sich auf die Fähigkeit eines Menschen auswirken, sowohl in Bezug auf alltägliche Aktivitäten der Selbstversorgung, wie Ankleiden, Essen und Duschen, als auch auf seine Aktivitäten zu Hause oder in der Gesellschaft, wie die Hausarbeit oder den Lebensmitteleinkauf.

Nach einem Schlaganfall gibt es für die Patienten eine Vielzahl von Therapien die im Krankenhaus, in einer Rehabilitationseinrichtung oder zu Hause durchgeführt werden können. Eine dieser Therapien ist die Ergotherapie. Ergotherapeuten arbeiten mit Menschen, bei denen die Kognition nach einem Schlaganfall beeinträchtigt ist. Sie unterstützen diese Menschen, damit sie wieder so selbstständig wie möglich werden. Sie tun dies, indem sie ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie sie sich anpassen oder die Beeinträchtigungen kompensieren oder mit Trainingsmaßnahmen (z. B. Gedächtnistraining) oder einer Kombination dieser Möglichkeiten ihre Kognition verbessern können.

Was sind die Hauptergebnisse des Reviews?

Die Review-Autoren fanden 24 relevante Studien aus 11 Ländern. Diese Studien verglichen Ergotherapie als Behandlung für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall mit einer Kontrollgruppe, die als Therapie die Standardversorgung erhielten. In den meisten Studien beinhaltete die ergotherapeutische Intervention ein Training am Computer mit speziell entwickelten Spielen zur Verbesserung der Kognition. Einige Interventionen beinhalteten das Einüben der alltäglichen Aktivitäten, z. B. das selbstständige Ankleiden.

Durch den Review zeigte sich, wenn Menschen mit kognitiven Einschränkungen nach einem Schlaganfall Ergotherapie, verglichen mit der Standardversorgung als Behandlung erhalten, dann bewirkt dies möglicherweise:

  • einen geringen bis keinen bedeutsamen Unterschied in Bezug auf ihre Fähigkeiten der Selbstversorgung, bezogen auf den Zeitpunkt nach Abschluss der Therapie sowie einen geringen bedeutsamen Unterschied sechs Monate später (niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz);
  • eine leichte Verbesserung der allgemeinen Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten – bezogen auf den Zeitpunkt nach Abschluss der Therapie (niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz);
  • einen geringen bis keinen bedeutsamen Unterschied in Bezug auf die allgemeine Fähigkeit der gezielten Aufmerksamkeit (niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), aber wahrscheinlich nur leichte Verbesserungen in Bezug auf die Fähigkeit, auf visuelle Reize aufmerksam zu reagieren – bezogen auf den Zeitpunkt nach Abschluss der Therapie (moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz);
  • eine leichte Verbesserung des Arbeitsgedächtnisses (niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), aber möglicherweise wenig bis keinen Unterschied in Bezug auf andere Gedächtnisbereiche – bezogen auf den Zeitpunkt nach Abschluss der Therapie;
  • eine leichte Steigerung des flexiblen Denkens – bezogen auf den Zeitpunkt nach Abschluss der Therapie (niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).

Die Evidenzlage ist sehr unsicher in Bezug auf die Auswirkungen von Ergotherapie auf die Fähigkeiten, Aktivitäten zu Hause oder in der Gesellschaft auszuführen. Die Evidenzlage ist auch unsicher, was die Auswirkungen auf „höhergradige“ Fähigkeiten der Informationsverarbeitung, die andere kognitive Fähigkeiten koordinieren und kontrollieren, betrifft.

Die Evidenz zu den Auswirkungen von Ergotherapie auf die Fähigkeit der Selbstversorgung ist unzureichend – bezogen auf den Zeitpunkt drei Monate nach Abschluss der Therapie und in Bezug auf die Wiederaufnahme von gesellschaftlichen Aktivitäten.

Wie aktuell ist dieser Review?

Die Review-Autoren suchten nach Studien, die bis September 2020 veröffentlicht wurden.

Übersetzung

B. Hucke & C. Meiling, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Cochrane Zentrums. Zum Einstellen in die EBP-Datenbank musste der DVE kleinere redaktionelle Änderungen vornehmen.

Quelle: https://www.cochrane.org/de/CD006430/STROKE_ergotherapie-bei-menschen-mit-kognitiven-beeintrachtigungen-infolge-eines-schlaganfalls (03.06.2022)

Quelle: https://www.cochrane.org/de/CD006430/STROKE_ergotherapie-bei-menschen-mit-kognitiven-beeintrachtigungen-infolge-eines-schlaganfalls

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Hinweis zu den Fachbegriffen

Erklärungen der EBP-Fachbegriffe finden Sie im Glossar.

Keywords

Keyword 1: Schlaganfall

Keyword 2: kognitive Beeinträchtigungen/Schädigungen

Keyword 3: Ergotherapie

Weitere: Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL/ATL), Aktivitäten (ICF), Aktivitäten und Teilhabe (ICF), ältere/alte/(hoch-)betagte Menschen, andere Intervention, Anpassung, Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeits-Kontrollgruppe, Barthel-Index (BI), Cochrane Systematic Review, Community Integration Questionnaire (CIQ), computergestützte Intervention, computergestütztes kognitives Training, Dysexecutive Questionnaire, ergotherapeutische Interventionen, Ergotherapie, Erwachsene, exekutive Funktionsfähigkeit, Exekutivfunktionen, FIM (Functional Independence Measure™), Frontal Assessment Battery (FAB), Gedächtnis, instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL), Integrated Visual Auditory Continuous Performance Test, Integration in Gemeinde, kognitive Beeinträchtigungen/Schädigungen, kognitive Fertigkeiten, kognitive Funktion, kognitive Funktionen, kognitive Funktionsfähigkeit, kognitive Rehabilitation, kognitives Training, Kompensation, Lawton & Brody Instrumental Activities of Daily Living Scale, Metaanalyse, Montreal Cognitive Assessment (MoCA), Orientierung, Partizipation / Teilhabe (ICF), persönliche Aktivitäten des täglichen Lebens (PADL), Plazebo, Restitution, soziale Teilhabe, Standardversorgung, systematischer Review, Teilhabe an der Gemeinde, Wartelisten-Kontrollgruppe, Wechsler Memory Scale, Zusammenfassung in einfacher Sprache / Plain Language Summary (PLS)

Filter

Diagnose(n)/Symptomatik

Neurologische Erkrankungen
  • Hirnschädigungen (z.B. Schlaganfall, Entzündliche Erkrankungen, Zerebralparese)

Altersgruppe(n)

  • Erwachsene
  • ältere/alte/(hoch-)betagte Menschen

Zielgruppe(n)

  • Patient:innen/Klient:innen

Interventionen

Spezifische Aktivitäten (Training von Betätigungsfertigkeiten, Restitution)
  • Training prozessbezogener Fertigkeiten (z.B. Kognitives Training, HoDT)

Berufsgruppe(n)

  • Ergotherapie beteiligt